AG Sonneberg v. 10.3.2025 - 1 F 56/23
Kindesmutter darf die Wohnung des Ex vor Besuch der Kinder nicht nach Sex-Spielzeug inspizieren
Eine Verpflichtung des umgangsberechtigten Elternteils, dass dieser vor jeder Umgangswoche, den anderen Elternteil zur Nachschau in seine Wohnung lässt, dass dieser kontrollieren kann, dass „Sex-Utensilien“ für die Kinder unzugänglich verwahrt werden, kann nicht auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden. Bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Kindeswohl der betroffenen Kinder konkret gefährdet würde, wenn diese zufällig mit diesen „Sex-Utensilien“ in Berührung kommen, könnte ein Gebot nach § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB in Betracht kommen.
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten am 26.4.2023 eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung abgeschlossen. Darin regelten die getrenntlebenden Kindeseltern den Umgang des Antragstellers mit den gemeinsamen Kindern. Unter Ziffer 4 verpflichtete sich der Antragsteller, die Antragsgegnerin jeweils montags, vor Beginn der Umgangswoche in die Wohnung zur Nachschau zu lassen. Der Hintergrund war, dass die Kindeseltern während der intakten ehelichen Lebensgemeinschaft einvernehmlich ein Sexualleben führten, das insbesondere durch die Dominanz der Ehefrau und die Unterwerfung des Ehemannes geprägt war. Hierfür hielten die Beteiligten auch entsprechende „Sex-Utensilien“ vor, die im Rahmen der sog „female led relation“ auch zum Einsatz kamen.
Die Kindesmutter befürchtete, dass diese Utensilien während des Besuchs der Kinder herumliegen könnten. Insoweit sprach sie in diesem Zusammenhang von Windeln, die sich der Kindesvater zur eigenen Erregung anlegte und insbesondere auch von einem sog. Peniskäfig. Der Kindesvater verweigerte seit dem 15.12.2024 der Kindesmutter den Zugang zur Wohnung. Diese verlangte aufgrund Verstoßes gegen Ziffer 4 der gerichtlich gebilligten Einigung der Beteiligten vom 26.4.2023 gegen den Antragsteller ein angemessenes Ordnungsgeld festzusetzen.
Das AG hat den Antrag auf Festsetzung des Ordnungsgeldes abgewiesen.
Die Gründe:
Gem. § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zwar Ordnungshaft anordnen. Voraussetzung dafür, dass eine erhebliche Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel vorliegt ist dabei aber, dass die durch die gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung auferlegte Pflicht des Umgangsverpflichteten an sich überhaupt der Vollstreckung zugänglich ist.
Das ist dann nicht der Fall, wenn die auferlegte Verpflichtung entweder für sich genommen bereits keinen hinreichenden vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist, diese Verpflichtung vom Gericht bereits nicht als Auflage nach § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB hätte erlassen werden können oder eine entsprechende Anordnung sich auch nicht auf § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB stützen lässt. Und eine umgangsrechtliche Auflage dahingehend, dass der Kindesvater die Kindesmutter vor jeder Umgangswoche zur Nachschau in seine Wohnung lässt, sodass diese kontrollieren kann, dass Sexspielzeuge nicht frei zugänglich in der Wohnung liegen, kann nicht auf § 1684 Abs. 3 Satz 2 BGB gestützt werden. Es gab hier keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Erziehung und Betreuung der Kinder durch die Kindesmutter andernfalls erschwert werden würde, wenn diese nicht selbst kontrollieren könnte, dass der Kindesvater vor Beginn des Umgangs sämtliche „Sex- Utensilien“ unzugänglich für die Kinder verwahrt hat.
Denkbar wäre ein derartiges Gebot nur dann, wenn mit dem Verhalten des Vaters während des Umgangs eine konkrete Kindeswohlgefährdung verbunden wäre, § 1684 Abs. 4 Satz 1 BGB (OLG Bamberg, Beschl. v. 7.8.2024 – 7 UF 80/24 e – Rauchverbot). Das war hier allerdings gleich aus mehreren Gründen nicht der Fall. Einerseits haben die Kindeseltern seit Beginn des Umgangsverfahrens übereinstimmend erklärt, dass die Kinder nichts von ihrem extravaganten Sexualleben mitbekommen hätten und darauf auch stets achteten und Vorkehrungen träfen. Weiterhin hat auch der Kindesvater von Beginn an erklärt, dass Sexspielzeuge in einer Kiste verwahrt seien und diese sich auf dem Dachboden befände, zu dem die Kinder keinen Zugang hätten. Außerdem war auch ein Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung in diesem Zusammenhang unverhältnismäßig.
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