OLG Hamm v. 17.1.2025 - 11 WF 174/24
Zur Berechnung des Verfahrenswerts einer Ehesache unter dem Aspekt des Wertes eines Grundstücks
Bei der Wertberechnung der Ehesache gem. § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG, bei der als weiterer wertbildender Faktor das Vermögen der Beteiligten zu berücksichtigen ist, ist das Grundstück (auch das selbst genutzte Hausgrundstück) mit seinem Verkehrswert anzusetzen. Auf dem Vermögen lastende Schulden (z.B. Grundpfandrechte) sind in ihrer tatsächlichen Höhe abzuziehen.
Der Sachverhalt:
Das AG hatte den Verfahrenswert für die Ehesache der Antragstellerin auf 38.950 € festgesetzt und gem. § 43 FamGKG wie folgt berechnet: 3-faches monatliches Nettoeinkommen der Beteiligten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags (20.700 €) zzgl. 5% des bereinigten Vermögenswerts (Wert der Immobilie abzüglich valutierender Darlehen: 425.000 € abzüglich eines Freibetrages i.H.v. 60.000 €), also zuzüglich 18.250 €.
Mit ihrer Beschwerde machte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin geltend, dass sich der Verfahrenswert der Ehesache 60.200 € belaufe. Schließlich verfügten die Beteiligten über ein Vermögen i.H.v. 850.000 €. Das sei der Verkehrswert ihrer Immobilie, von dem die Schulden nicht abzuziehen seien. Es sei deshalb wie folgt zu rechnen: 3-faches monatliches Nettoeinkommen der Beteiligten zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags (20.700 €) zzgl. 5% des bereinigten Vermögenswerts (Wert der Immobilie: 850.000 € abzüglich eines Freibetrages i.H.v. 60.000 €), also zuzüglich 39.500 €. Die Auffassung der Beschwerdeführerin wird von dem Bezirksrevisor beim LG Münster geteilt.
Das OLG hat die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Die Gründe:
Das AG hat den Verfahrenswert für die Ehesache zurecht auf 38.950 € festgesetzt.
Das Vermögen der Beteiligten ist bei der Wertberechnung der Ehesache gem. § 43 Abs.1 S.1 FamGKG – verfassungsgemäß - als weiterer wertbildender Faktor zu berücksichtigen (vgl. etwa: BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.102009 – 1 BvR 735/09). Grundvermögen ist mit seinem Verkehrswert zu bewerten. Das gilt auch bei einem selbst genutzten Hausgrundstück. Auf dem Vermögen lastende Schulden (z.B. Grundpfandrechte) sind in ihrer tatsächlichen Höhe abzuziehen
Die Fallgestaltung und der Abzug von Schulden beim Vermögen sind nicht deckungsgleich mit der Anknüpfung bei dem Einkommen. Es soll im Rahmen des § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG eine unkomplizierte, zügige und praktikable Handhabung des Wertfestsetzungsverfahrens gewährleistet werden. Die Wertfestsetzung soll möglichst pauschalisiert erfolgen und nicht mit der Aufklärung von Verbindlichkeiten nach Art und Höhe belastet werden. Eine solche Belastung des Wertfestsetzungsverfahrens mit übermäßigem Aufklärungsaufwand kann beim (Grund-) Vermögen nicht allgemein angenommen werden, zumal vorhandene Kreditbelastungen im Einzelfall und gerade auch im Streitfall dem Grundstückswert ohne Weiteres gegenübergestellt werden können.
Hinzu kommt, wie auch bereits das AG betont hat, dass bei anderer Betrachtung der Vermögenswert gegebenenfalls völlig unrealistisch und unzutreffend abgebildet würde, wie es deutlich wird etwa bei einer 100%igen Immobilienfinanzierung, bei der dann die tatsächlichen Vermögensverhältnisse in keiner Weise widergespiegelt würden. Im vorliegenden Fall hat das AG als Ausgangswert für das Vermögen der Beteiligten also zurecht nur 425.000 € (Wert der Immobilie abzüglich valutierender Darlehen) angesetzt und den Verfahrenswert für die Ehesache zutreffend auf 38.950 € festgesetzt.
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