OLG Frankfurt a.M. 11.2.2025 - 6 UF 11/25
Vereinfachtes Unterhaltsverfahren unstatthaft bei ausländischer Entscheidung
Das vereinfachte Unterhaltsverfahren ist auch gem. § 249 Abs. 2 FamFG unstatthaft, wenn über den Kindesunterhalt eine Entscheidung eines ausländischen Gerichts existiert. Dies gilt unabhängig davon, ob vor einer Vollstreckung das Verfahren nach §§ 36 ff. AUG (Exequaturverfahren) durchgeführt werden müsste.
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist Mutter zweier Kinder. Diese leben im Haushalt des Vaters, der das staatliche Kindergeld bezieht. Der Antragsteller gewährte für beide Kinder seit November 2023 Leistungen nach dem UVG. Mit Schreiben vom 6.12.2023 und 7.2.2024 wollte der Antragsteller die Antragsgegnerin auffordern, Auskunft über Einkünfte und Vermögen zu erteilen und Unterhalt zu zahlen. Ein Zugangsnachweis für das erste Schreiben liegt nicht vor, die Annahme zweiten Schreibens hatte die Antragsgegnerin verweigert.
Mit Antrag vom 25.3.2023 hat der Antragsteller aus übergegangenem Recht die Festsetzung laufenden Kindesunterhalts für beide Kinder ab Dezember 2023 i.H.v. 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des vollen Kindergelds beantragt. Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, dass das vereinfachte Unterhaltsverfahren unzulässig sei, weil für die Unterhaltszahlungen bereits ein Unterhaltstitel existiere. Dazu hat sie in erster Instanz die Kopie des Originals einer ausländischen Gerichtsentscheidung vorgelegt. Außerdem hat sie geltend gemacht, zwei weitere Kinder zu haben, so dass im Fall einer Verpflichtung zu Unterhaltsleistungen ihre Existenz gefährdet sei.
Der Antragsteller hat seinen Antrag aufrechterhalten. Der Aufforderung des AG, eine Übersetzung des Unterhaltstitels vorzulegen, ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen. Das AG hat den Unterhalt antragsgemäß festgesetzt. Das OLG hat den angefochtenen Beschluss im Beschwerdeverfahren aufgehoben und die Anträge auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren für die Kinder zurückgewiesen.
Die Gründe:
Gem. § 249 Abs. 2 FamFG ist das vereinfachte Verfahren nicht statthaft, wenn zum Zeitpunkt, in dem der Antrag oder eine Mitteilung über seinen Inhalt dem Antragsgegner zugestellt wird, über den Unterhaltsanspruch des Kindes ein Gericht entschieden hat, ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet worden ist. Dabei werden auch Entscheidungen ausländischer Gerichte über Kindesunterhalt erfasst. Dies gilt unabhängig davon, ob sie zur Zwangsvollstreckung erst zugelassen sind, wenn das Verfahren nach §§ 36 ff. Auslandsunterhaltsgesetz (AUG - Exequaturverfahren) durchgeführt wurde.
§ 249 Abs. 2 FamFG stellt nach seinem klaren Wortlaut nicht nur auf zur Zwangsvollstreckung geeignete Schuldtitel ab und greift unabhängig davon, ob aus dem Titel (noch) vollstreckt werden kann. Zudem kann im vereinfachten Verfahren, das von schwierigen Rechtsfragen verschont bleiben soll, über die Anerkennungsfähigkeit und Tragweite der ausländischen Unterhaltsfestsetzung nicht entschieden werden.
Hier lag für beide Kinder eine ausländische Gerichtsentscheidung über eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Leistung von Kindesunterhalt für die betreffenden Kinder vor. Für die in erster Instanz nur als Kopie des Originals vorgelegte Gerichtsentscheidung hat die Antragsgegnerin in der Beschwerde eine beglaubigte Übersetzung vorgelegt. Zudem sind Urteil und Inhalt der Entscheidung mittlerweile unstreitig.
Der Anwendung des § 249 Abs. 2 FamFG stand hier auch nicht entgegen, dass der Antragsteller die Festsetzung von Kindesunterhalt nach Anspruchsübergang gem. § 7 UVG begehrt hatte. Denn maßgeblich für die Sperrwirkung des § 249 Abs. 2 FamFG ist, ob erneut dieselben unterhaltsrechtlich maßgeblichen Verhältnisse zu prüfen wären. Das ist bei einem Übergang von Ansprüchen auf Leistung von Kindesunterhalt nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf die Unterhaltsvorschusskasse der Fall.
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Aufsatz
Ernst Spangenberg / Brigitte Spangenberg
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FamRB 2024, 159
FAMRB0065403