Otto Schmidt Verlag

BGH v. 6.12.2024 - V ZR 159/23

Grundstücksüberlassungsvertrag: Stellvertretung bei Geltendmachung des Anspruchs des Veräußerers auf Rückübertragung des Grundstücks

Wird in einem Grundstücksüberlassungsvertrag der Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des Grundstücks als "höchstpersönlich" bezeichnet, hindert dies regelmäßig nicht die Stellvertretung bei der Geltendmachung des Anspruchs.

Der Sachverhalt:
Die Kläger übertrugen mit notariellem Überlassungsvertrag vom 14.6.2012 ihrem Sohn ein Hausgrundstück und ließen sich von ihm im Gegenzug ein Wohnungsrecht auf Lebensdauer an der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung einräumen. Ihr Sohn bewohnte mit seiner Familie die Wohnung im ersten Obergeschoss. Der Überlassungsvertrag, in dem die Kläger als "der Veräußerer" bezeichnet werden, enthält unter Ziff. XVII. ("Rückauflassungsanspruch") folgende Regelung:

"1.
Der Veräußerer ist berechtigt, den Vertragsgrundbesitz vom Erwerber unentgeltlich zurückzuverlangen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen eintritt:

a) Der Erwerber vor dem Letztversterbenden der beiden Veräußerer verstirbt.

3.
Der Anspruch ist höchstpersönlicher Natur und nur übertragbar und vererblich, wenn er vom Veräußerer zu Lebzeiten geltend gemacht wurde.

Der Anspruch kann nur mittels eingeschriebenem Brief binnen eines Jahres nach Kenntnis vom Vorliegen des Anspruchsgrundes geltend gemacht werden."


Der Vertrag wurde vollzogen. Am 9.7.2021 verstarb der Sohn der Kläger. Er wurde von seiner Ehefrau, der Beklagten, allein beerbt. Mit eingeschriebenem Brief einer Rechtsanwältin vom 2.8.2021 forderten die Kläger von der Beklagten die Rückübertragung des Grundstücks. Mit ihrer Klage verlangen die Kläger von der Beklagten, das Eigentum an dem Grundstück an sie zu jeweils hälftigem Miteigentum aufzulassen und die Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung dorthin zurück.

Die Gründe:
Mit der von dem OLG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kläger auf (Rück-)Übertragung des Eigentums an dem Grundstück nicht verneint werden.

Das OLG hat zu Recht angenommen, dass der durch das Vorversterben ihres Sohnes entstandene vertragliche Anspruch nicht mehr durchsetzbar wäre, wenn er nicht von den Klägern innerhalb eines Jahres nach Kenntnis vom Vorliegen des Anspruchsgrundes mit eingeschriebenem Brief geltend gemacht worden wäre. Insoweit ist der Wortlaut der vertraglichen Regelung eindeutig. Die erforderliche Kenntnis ist zwar nicht ausdrücklich festgestellt; das OLG teilt lediglich mit, dass es von einem Fristablauf "im Juli 2022, mutmaßlich am 10.07.2022" ausgehe. Jedenfalls ergibt sich die Kenntnis der Kläger aber aus dem anwaltlichen Anspruchsschreiben vom 2.8.2021, sodass die Frist spätestens am 2.8.2022 abgelaufen wäre.

Unzutreffend ist aber die Annahme des OLG, dass die Kläger diese Frist mit dem anwaltlichen Schreiben vom 2.8.2021 nicht gewahrt haben, weil der Rückauflassungsanspruch nach der vertraglichen Regelung höchstpersönlicher Natur ist. Wird in einem Grundstücksüberlassungsvertrag der Anspruch des Veräußerers auf Rückübertragung des Grundstücks als "höchstpersönlich" bezeichnet, hindert dies regelmäßig nicht die Stellvertretung bei der Geltendmachung des Anspruchs.

Im Ausgangspunkt trifft es allerdings zu, dass die Befugnis, sich bei rechtsgeschäftlichem Handeln durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen, gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen sein kann. Der vorliegende Überlassungsvertrag enthält jedoch keinen Ausschluss der Stellvertretung. Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarung durch das OLG insoweit zu beanstanden, als das es die im Gesetz angelegte Unterscheidung zwischen höchstpersönlichen Ansprüchen einerseits und höchstpersönlichen Willenserklärungen und Rechtsgeschäften andererseits nicht beachtet.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | BGB
§ 164 Wirkung der Erklärung des Vertreters
Finkenauer in Erman, BGB, 17. Aufl. 2023
09/2023

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.01.2025 13:04
Quelle: BGH online

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