Otto Schmidt Verlag

BGH v. 30.10.2024 - XII ZB 173/24

Zur Bemessung der Beschwer eines zur Herausgabe von Urkunden verpflichteten Rechtsmittelführers

Die Beschwer eines zur Herausgabe von Urkunden verpflichteten Rechtsmittelführers bemisst sich, sofern nicht der Besitz der Urkunden unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert, an dessen Interesse, eine Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO zu verhindern und entspricht daher betragsmäßig den mit einer solchen Vollstreckung verbundenen Kosten.

Der Sachverhalt:
Die Rechtsbeschwerde richtet sich gegen die Verwerfung der Beschwerde des Antragsgegners wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts.

Die Beteiligten sind getrenntlebende Eheleute. Sie streiten im vorliegenden Verfahren über die Verpflichtung des Antragsgegners zur Herausgabe verschiedener Originalurkunden, insbesondere zweier notarieller Kaufverträge über eine im Eigentum der Antragstellerin stehende Immobilie, eines Gewerberaummietvertrags nebst Anlagen, Zusatzvereinbarungen zu verschiedenen Gewerberaummietverträgen, eines Grundbuchauszugs und eines Darlehensvertrags nebst Saldenaufstellungen. Daneben verlangt die Antragstellerin Auskunft über etwa bestehende Konten des Antragsgegners, auf die Mieten für eine in ihrem Eigentum stehende Gewerbeimmobilie gezahlt werden, sowie über etwaige Untermietverträge hinsichtlich dieser Immobilie und ggf. hieraus erzielte Mieteinnahmen nebst Vorlage diesbezüglicher Belege für die Zeit vom 1.1.2020 bis zum 28.2.2022.

Das AG gab der Klage statt und verpflichtete den Antragsgegner antragsgemäß zur Herausgabe der Urkunden und zur Erteilung der begehrten Auskünfte. Die Beschwerde des Antragsgegners hatte vor dem OLG ebenso wenig Erfolg wie seine vorliegende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.

Die Gründe:
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung bemisst sich die Beschwer eines zur Auskunft und Belegvorlage verpflichteten Beteiligten nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen bzw. die Belege nicht vorlegen zu müssen. Dabei kommt es grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft bzw. die Belegvorlage erfordern. Die Kosten der Hinzuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands nur berücksichtigt werden, wenn und soweit sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist. Dies hat der Auskunftspflichtige substantiiert darzulegen. Hat die vom Rechtsmittelführer angegriffene Auskunftsverpflichtung hingegen keinen vollstreckbaren Inhalt oder ist sie auf eine unmögliche Leistung gerichtet, wird die Beschwer insoweit durch die mit der Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten bestimmt.

Die gleichen Maßstäbe gelten auch bei einer Verpflichtung zur Herausgabe von Urkunden, wenn sich - was hier nicht der Fall ist - ein anderer Wert nicht daraus ergibt, dass der Besitz der Urkunde unmittelbar den Wert eines Rechts verkörpert. Die Beschwer eines durch die angefochtene Entscheidung zur Herausgabe von Urkunden verpflichteten Rechtsmittelführers, der geltend macht, hierzu nicht in der Lage zu sein, bemisst sich danach im Regelfall an dessen Interesse, eine Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO zu verhindern, und entspricht daher betragsmäßig den mit einer solchen Vollstreckung verbundenen Kosten.

Auf dieser rechtlichen Grundlage ist der Wert der Beschwer gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dabei kann das Rechtsbeschwerdegericht die Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht nur darauf überprüfen, ob dieses den ihm eingeräumten Ermessensspielraum gewahrt oder aber die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat. Auf derartigen Ermessensfehlern bei der Bemessung des nach § 61 Abs. 1 FamFG maßgeblichen Beschwerdewerts beruht die angefochtene Entscheidung nicht.

Mehr zum Thema:

Kommentierung | FamFG
§ 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde
Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, Kommentar, 6. Aufl. 2023
6. Aufl./Lfg. 09.2022

Kommentierung | ZPO
§ 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen
Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Aufl. 2024
10/2023

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.01.2025 15:46
Quelle: BGH online

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