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Mündliche Verhandlung ade? (Kogel, FamRB 2024, 385)

Der Verfasser wirft einen kritischen Blick auf eine aus seiner Sicht durchaus problematische Verfahrenspraxis der Beschwerdeinstanzen, die immer mehr zu Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung tendieren, und fordert zur Diskussion auf.

1. Einleitung
2. Beispielsfälle
3. Eigene Stellungnahme


1. Einleitung

Nach den Erfahrungen des Verfassers hat sich die Praxis der Beschwerdegerichte in den letzten Jahren verändert. Während es früher Usus war, in Familienstreitsachen eine mündliche Verhandlung mit der angeordneten persönlichen Anwesenheit der Beteiligten durchzuführen, wird heutzutage unter Hinweis auf § 68 Abs. 2 FamFG nur noch ausnahmsweise hiervon Gebrauch gemacht. Alleine Kindschaftssachen sind von dieser Zurückhaltung ausgenommen. Generell wird diese Handhabung mit der stereotypen Begründung gerechtfertigt, die Angelegenheit sei ausgeschrieben. In 1. und 2. Instanz sei der Sachverhalt dargelegt worden, so dass von einer mündlichen Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten wären.

2. Beispielsfälle
Drei veröffentlichte Beispielsfälle aus der jüngeren Praxis sollen die Problematik deutlich machen.

Fall 1: OLG Köln
Hinweisbeschluss im Rahmen eines Verfahrens auf vorzeitigen Zugewinnausgleich wegen mangelnder Unterrichtung gem. § 1385 Nr. 4 BGB. Erstinstanzlich war der vorzeitige Zugewinnausgleich angeordnet worden. Der Senat hielt den Antragsgegner trotz der Trennung bis zur Einreichung des Scheidungsantrages für unterrichtungspflichtig und wies darauf hin, er sei dieser Pflicht trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachgekommen. Im veröffentlichten Hinweisbeschluss legte er die Rücknahme der Beschwerde nahe. Nachdem der Antragsgegner sich weigerte und um Entscheidung bat, entschied der Senat im schriftlichen Verfahren wie im Hinweisbeschluss angekündigt. Allerdings ließ er völlig unerwartet die Rechtsbeschwerde zu. Der BGH hob den Beschluss auf und verwies zurück. Seiner Meinung nach galt die Unterrichtungsverpflichtung bereits nicht mehr ab dem Zeitpunkt der endgültigen Zerrüttung der Ehe. Auf die Einreichung des Scheidungsantrages komme es gerade nicht an. Feststellungen hierzu, wann diese eingetreten war, hatte das OLG – aus seiner Sicht konsequent – aber nicht getroffen. Die Sache erledigte sich dann, da der der vorzeitige Zugewinn wegen 3-jähriger Trennung erfolgreich in einem weiteren Verfahren auf vorzeitigen Zugewinn durchgesetzt wurde. Gegenstandswert: 5.000 €.

Fall 2: OLG Brandenburg
Umfangreiches Verfahren auf Zugewinn mit teilweise unschlüssigen Anträgen in 1. Instanz. Daneben war noch als Folgesache ein Antrag auf dingliche Rückgewähr eines Miteigentumsanteils im Verbundverfahren gestellt worden. Diesem Antrag gab der Senat neben einem Zugewinnausgleichsantrag unter erheblicher Erhöhung einer Zug- um Zugleistung statt. Die Rechtsbeschwerde ließ er nicht zu, obwohl...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.09.2024 08:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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