Otto Schmidt Verlag

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Internationale Konferenz des Europarates "Gemeinsam für die Gleichstellung der Geschlechter" - Ein Erfahrungsbericht (Volke, FamRB 2024, 349)

Am 30.5.2025 fand in den Räumen des Europarates in Straßburg anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Inkrafttretens des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Gewaltschutzübereinkommen oder Istanbul-Konvention [IK]) eine internationale Konferenz statt, bei der die Verfasserin eingeladen war, an einer Podiumsdiskussion teilzunehmen. Im Folgenden wird über diesen Tag berichtet.

1. Hintergrund der Konferenz
2. Die Konferenz

a) Eröffnungssitzung
b) Vorstellung der EU-Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter
c) 10 Jahre Istanbul-Konvention – Erfahrungen in der Praxis
3. Der Ausklang: Eröffnung der Foto-Ausstellung „Durch die Linse: eine Dekade des Engagements für die Istanbul-Konvention“
4. Fazit


1. Hintergrund der Konferenz

Am 1.8.2024 feierte die Istanbul-Konvention den 10. Jahrestag ihres Inkrafttretens. In diesen zehn Jahren wurden in den 38 Mitgliedstaaten des Europarates, die die Istanbul-Konvention ratifiziert haben, viele Fortschritte erzielt. Dies belegen die Länderberichte von GREVIO, dem Expertengremium zur Überprüfung der Umsetzung der Istanbul-Konvention in den Mitgliedstaaten. Gleichzeitig stellte der Europarat fest, dass weiterhin strukturelle Barrieren bestehen und anhaltende Krisen wie der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die Covid-19-Pandemie Frauen und Mädchen unverhältnismäßig stark getroffen haben. Zudem wurde eine verstärkte Rückwärtsbewegung verzeichnet.

Vor diesem Hintergrund wollten die Mitgliedstaaten des Europarats ihr politisches Engagement zur Erreichung von Geschlechtergleichheit bekräftigen. Ein erstes politisches Zeichen setzten sie bereits im letzten Jahr durch die Formulierung der in Reykjavík verabschiedeten sog. Reykjavík-Erklärung „United around our values“. Ein weiteres Zeichen folgte im März 2024 durch die Verabschiedung der neuen Gleichstellungsstrategie 2024-2029 des Europarates. Diese Strategie, die in verschiedene Bereiche unterteilt ist, dient in den nächsten fünf Jahren als Leitfaden für die Arbeit des Europarates zur Gleichstellung der Geschlechter. Im zweiten Bereich geht es dabei um die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie häuslicher Gewalt. Dieser Bereich basiert auf der Feststellung, dass ein Drittel aller Frauen in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt erfahren haben und dass Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt in den Mitgliedstaaten des Europarates weiterhin ein weitverbreitetes Problem darstellen.

Mit der Konferenz am 30.5.2024, die unter der Schirmherrschaft der litauischen Präsidentschaft des Ministerkomitees organisiert wurde und bei der rund 250 geladene Gäste anwesend waren, wurde zum einen die neue Gleichstellungsstrategie des Europarates vorgestellt und zum anderen das zehnjährige Jubiläum der Istanbul-Konvention gefeiert.

2. Die Konferenz

a) Eröffnungssitzung

Die Konferenz begann mit einer Eröffnungssitzung (high-level opening session), die den politischen Willen der Mitgliedstaaten des Europarates zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit zunächst bekräftigte. Justina Jakštienė, Vize-Ministerin für soziale Sicherheit und Arbeit von Litauen, eröffnete die Sitzung. Sie betonte die Bedeutung der Geschlechtergleichheit als grundlegendes Menschenrecht und stellte die Fortschritte in Litauen vor, obwohl das Land die Istanbul-Konvention bisher noch nicht unterzeichnet hat. Es folgte eine Rede der Kroatin Marija Pejčinović Burić, seit 2019 Generalsekretärin des Europarates. Ihre auf Französisch und Englisch gehaltene Rede hob die besondere Bedeutung der Istanbul-Konvention und die Arbeit von GREVIO hervor. Sie wies dabei auch auf die Herausforderungen hinsichtlich von Cyber-Gewalt hin, da 58 % der in einer aktuellen Umfrage befragten Mädchen und jungen Frauen angegeben hatten, bereits durch moderne Kommunikationsmittel belästigt worden zu sein. Diesem Problem nimmt sich auch die EU in ihrer am 13.6.2024 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2024/1385 zur Bekämpfung häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen an.

b) Vorstellung der EU-Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter
Der erste Teil der Konferenz beschäftigte sich mit der Einführung der neuen Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter. Besonders interessant für die Verfasserin war die Rede von Caroline Criado Perez, die das Problem des „gender-data-gap“ beleuchtete, also den Umstand, dass wissenschaftliche Datenerhebungen oft ausschließlich an männlichen Daten durchgeführt werden. Perez führte praktische Beispiele aus der Medikamentenforschung, der Autoindustrie und der Gestaltung von Unisex-Sicherheitswesten an, die auf dem ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 29.07.2024 15:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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