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Abfindung von schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungen (Hauß, FamRB 2024, 302)

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Berechnung der Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Versorgungen, einem durch die Rechtsprechung bislang kaum behandelten Thema. Es wird vorgeschlagen, die Abfindung durch den Barwert des hälftigen ehezeitlich erworbenen Rentenanspruchs der ausgleichsberechtigten Person unter Berücksichtigung der auf die Rente zu erbringenden Sozialabgaben und unter Außerachtlassung des Werts einer Hinterbliebenenversorgung sowie inländischer Steuern zu ermitteln. Der zur Berechnung des Barwerts zu verwendende Rechnungszins sei an der künftigen Inflationserwartung mit 2,5 % bis 3 % zu orientieren.


1. Vorbemerkung

2. Rechtlicher Ausgangspunkt

3. Was ist Gegenstand der Abfindung?

4. Wie berechnet sich die Höhe des Abfindungsanspruchs?

5. Abzugspositionen

6. Praktische Durchführung der Berechnung

7. Transferverluste und Transfergewinne

a) Keine Kompensation von Transferverlusten

b) Kompensation von Transfergewinnen

8. Schlussbemerkung


1. Vorbemerkung

Die rechtzeitige Abfindung einer schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung ist vielfach die beste Form der Sicherung des Anspruchs für die ausgleichsberechtigte Person. Das gilt insbesondere dann, wenn sich das auszugleichende Anrecht in der Anwartschaftsphase befindet und/oder ein Anspruch der ausgleichsberechtigten Person auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gegen den Versorgungsträger der auszugleichenden Versorgung bei Vorversterben der ausgleichspflichtigen Person nicht sicher durchzusetzen ist.

Trotz dieser eindeutigen Vorteile für die ausgleichsberechtigte Person, kann man die Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Anrechte als einen „weißen Flecken“ auf der Landkarte des Versorgungsausgleichs bezeichnen. In den fast 15 Jahren seit Einführung des neuen Versorgungsausgleichsrechts sind bei juris nicht einmal eine Handvoll familiengerichtlicher Entscheidungen dokumentiert, die sich explizit mit der Frage der Berechnung der Höhe des Abfindungsbetrags beschäftigen. In den bislang dokumentierten Entscheidungen wird die Ermittlung der Abfindungshöhe den Versorgungsträgern oder Sachverständigen überlassen. Dies ist zwar für Jurist*innen eine „einfache“, keinesfalls aber die zwingend richtige Lösung.

Der nach § 47 VersAusglG zu ermittelnde Kapitalwert einer betrieblichen Versorgung von 500 € monatlich für einen 50-jährigen Mann wäre zum 30.11.2023 von einem betrieblichen Versorgungsträger richtigerweise mit rd. 182.000 € und die gleiche Versorgung von der DRV mit rd. 106.700 € mitgeteilt worden. Eine ausländische Versorgung würde keinerlei Kapital- oder korrespondierenden Kapitalwert (KoKa) mitteilen können, müssen oder wollen.

Man kann die Ermittlung des Abfindungsbetrags nach §§ 23, 24 VersAusglG auch nicht einfach den versicherungsmathematischen Sachverständigen oder Rentenberaterinnen und -beratern überlassen. Die Berechnungsmethode ist nach Auslegung der Normen des VersAusglG juristisch zu bestimmen und vorzugeben. So hat ein Gericht darüber zu bestimmen, ob Sozial- und Steuerabgaben bei der Berechnung des Abfindungsbetrags wertmindernd und die Hinterbliebenenversorgung werterhöhend zu berücksichtigen sind. Ebenso ist zu bestimmen, ob der Rechnungszins zum Ehezeitende, zum Abfindungsstichtag und in welcher Höhe er für die Berechnung des Abfindungsbetrags heranzuziehen ist.

Schließlich ist klar zu bestimmen, ob das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person oder die Versorgungserwartung der ausgleichsberechtigten Person abzufinden ist.

Alle diese Faktoren haben großen Einfluss auf die Höhe der zu leistenden Abfindungszahlung.

Im nachfolgenden Beitrag wird eine Lösung für das Problem der Ermittlung der Abfindungshöhe vorgeschlagen.

2. Rechtlicher Ausgangspunkt

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG kann die ausgleichsberechtigte Person (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 15.07.2024 12:46
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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