Otto Schmidt Verlag

OLG München v. 12.6.2024, 16 UF 465/24 e

Bestimmung des Kindergeldberechtigten

Maßgeblich für die Auswahl des Kindergeldberechtigten sind vor allem Gesichtspunkte des Kindeswohls. Es entspricht dem Wohl des Kindes am besten, wenn seine Mutter als Kindergeldberechtigte bestimmt wird.

Der Sachverhalt:
Die S. und der K. sind die Eltern betroffenen Kindes, geboren 2003. Für das Kind war seit 2018 Hilfe zur Erziehung in stationärer Form gewährt worden. Ein Kostenbeitrag von den Eltern wurde nicht erhoben. Bis zum Eintritt der Volljährigkeit wurde das Kindergeld an die Mutter ausbezahlt. Mit Erreichen der Volljährigkeit stellte das Kind einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes. Die Familienkasse forderte am 21.3.2023 das Kreisjugendamt auf, für den Bezug des Kindergeldes den Berechtigten zu bestimmen, damit eine Auszahlung an das Kind bzw. das Kreisjugendamt erfolgen könne. Die Eltern wirkten an der Bestimmung des Kindergeldberechtigten nicht mit. Auch zahlten sie keinen Unterhaltsbeitrag.

Am 28.3.2023 stellte das Kreisjugendamt beim Familiengericht einen Antrag auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten. Diesen Antrag wies das AG zurück. Ein Kindergeldberechtigter könne nicht bestimmt werden, da sich das Kind weder im Haushalt der Mutter noch des Vaters oder eines anderen Kindergeldberechtigten aufhalte.

Das Kreisjugendamt war der Ansicht, dass gem. § 64 Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG der Kindergeldberechtigte auch dann zu bestimmen sei, wenn sich das Kind, für das Kindergeld zu bewilligen sei, nicht im Haushalt der Eltern aufhalte und diese keinen Unterhalt zahlten. Die Beschwerdebegründung wurde den Beteiligten zugestellt. Auch im Beschwerdeverfahren haben die Eltern keine Erklärung dazu abgegeben, welcher Elternteil von ihnen zum Bezug des Kindergeldes berechtigt sein sollte.

Das OLG hat die Entscheidung des AG aufgehoben und die Mutter des betroffenen Kindes als Kindergeldberechtigte bestimmt.

Die Gründe:
Die Beschwerde war zulässig und begründet. Die gem. § 61 FamFG erforderliche Beschwer von 600 € war erreicht. Geht es lediglich um die Aufteilung des Kindergeldes im Verhältnis der Eltern, indem das Kindergeld mit dem Anspruch auf Unterhalt verrechnet wird, ist zwar die Beschwer regelmäßig nicht erreicht (vgl. hierzu BGH FamRZ 2014, 646). Der vorliegende Fall unterschied sich hiervon jedoch dadurch, dass mangels Bestimmung des Kindergeldberechtigten das Kindergeld nicht an das berechtigte Kind abgezweigt werden konnte (§ 74 EStG) mit der Folge, dass der Beschwerdeführer auch insoweit für den Lebensunterhalt des Kindes aufkommen muss (§ 39 SGB VIII). Dies führte dazu, dass für den die Leistung finanzierenden Beschwerdeführer die Beschwer erreicht war, weil er in vollem Umfang den Ausfall des Kindergeldes durch eine entsprechende Aufstockung der Leistungen zum Lebensunterhalt zu tragen hatte.

Als Kindergeldberechtigte war die Mutter des betroffenen Kindes zu bestimmen. Maßgeblich für die Auswahl des Kindergeldberechtigten sind vor allem Gesichtspunkte des Kindeswohls. Es entspricht dem Wohl des Kindes am besten, wenn seine Mutter als Kindergeldberechtigte bestimmt wird. An diese war auch in der Vergangenheit während der Minderjährigkeit des Kindes das Kindergeld ausgezahlt worden. Weiterhin war davon auszugehen, dass diese sich einer Auskehr des Kindergeldes im Wege der Abzweigung nicht widersetzen wird.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Alexandra Altrogge
Das Eckpunktepapier zum Kindschaftsrecht - der große Wurf oder doch nur ein Flickenteppich? - Teil 2
FamRB 2024, 215
FAMRB0065320

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.06.2024 12:26
Quelle: Bayern.Recht

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