Otto Schmidt Verlag

LG Koblenz v. 14.3.2024 - 3 O 457/23

Wirksame Schenkung von Sparguthaben

Reicht es für eine wirksame Schenkung von Sparguthaben bei einer Bank aus, dem Beschenkten die Sparbücher auszuhändigen? Unter Umständen ja, urteilte das LG Koblenz. Zwar erfordere der Vollzug einer Schenkung bei einem Sparbuch grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und der beschenkten Person. Eine solche Abtretungsvereinbarung könne jedoch auch konkludent getroffen werden – nämlich in Form der Aushändigung der Sparbücher.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte hat zwei Sparbücher im Besitz, die zu Sparkonten des mittlerweile verstorbenen Bruders der Beklagten bei einer Bank gehören. Abtretungserklärungen betreffend das auf den Sparkonten vorhandene Guthaben iHv insgesamt ca. 92.000 € zugunsten der Beklagten liegen bei der Bank nicht vor. Eine Schenkung wurde auch nicht notariell beurkundet.

Der Kläger begehrt im Rahmen seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker für den Nachlass des verstorbenen Bruders der Beklagten die Herausgabe dieser beiden Sparbücher an ihn. Er ist der Auffassung, dass die Sparforderungen mangels Abtretung an die Beklagte dem Nachlass zuzuordnen seien und damit auch die den Sparkonten zugehörigen Sparbücher. Eine Schenkung sei schon deshalb auszuschließen, weil die Beklagte unstreitig keine Schenkungssteuer gezahlt habe.

Die Beklagte behauptet, der Erblasser habe ihr die beiden Sparbücher im Mai 2019 übergeben und die Einlagenforderung durch Abtretung auf sie übertragen. Bei Übergabe der Sparbücher habe der Erblasser ihr erklärt, sie könne über das vorhandene Guthaben verfügen. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Klage auf Herausgabe der Sparbücher an den Testamentsvollstrecker war abzuweisen, weil die Sparbücher und die sich daraus ergebenden Sparguthaben durch Schenkung in das Eigentum der Beklagten übergegangen sind.

Da kein Schenkungsversprechen in notarieller Form vorliegt, ist eine mündlich vereinbarte Schenkung nur dann wirksam, wenn sie vollzogen („bewirkt“) ist. Bei beweglichen Sachen hängt in aller Regel die Wirksamkeit der Schenkung nicht von einem notariellen Vertrag ab, denn die Schenkung eines beweglichen Gegenstandes wird durch die Übergabe sofort vollzogen.

Bei einem Sparbuch reicht die Übergabe hingegen zum Vollzug der Schenkung nicht aus. Das Sparbuch verbrieft eine Forderung gegen die Bank. Die Forderung gegen die Bank geht nicht dadurch auf einen Dritten über, dass das Eigentum an der Urkunde auf den Dritten übertragen wird. Vielmehr steht das Eigentum an der Schuldurkunde bei einem Sparbuch dem jeweiligen Forderungsgläubiger zu (§ 952 Abs. 1 BGB). Wer das Guthaben aus einem Sparbuch an einen Dritten übertragen möchte, muss mithin eine Abtretung der Forderung gegen die Bank mit dem Dritten vereinbaren. Der Vollzug einer Schenkung erfordert bei einem Sparbuch mithin grundsätzlich eine Abtretungsvereinbarung zwischen dem Schenker und der beschenkten Person.

Eine solche Abtretungsvereinbarung kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent getroffen werden. Wer ein auf seinen Namen ausgestelltes Sparbuch an einen anderen mit dem Willen „das darfst Du behalten“ übergibt, verbindet damit regelmäßig die Vorstellung, dass mit dieser Absprache alles geregelt sein soll, was zur Bewirkung der Zuwendung erforderlich ist.

Die Rechtsprechung nimmt daher in bestimmten Fällen an, dass mit der Übergabe eines Sparbuches eine konkludente (stillschweigende) Abtretungsvereinbarung zu Gunsten des Beschenkten in Betracht kommt, so dass die Schenkung mit der Übergabe des Sparbuchs vollzogen ist.

Dabei kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei es gefestigter Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum entspricht, dass in aller Regel in der Übergabe des Sparbuches ein wesentlicher Anhaltspunkt für die Abtretung der Forderung zu sehen ist.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Bruder, der Erblasser, habe ihr die beiden Sparbücher im Mai 2019 ausdrücklich mit der Erklärung übergeben, dass sie über das auf den Sparkonten vorhandene Guthaben frei verfügen könne. Sie habe zu ihrem Bruder stets ein sehr inniges Verhältnis gepflegt und er habe sie mit der Schenkung der Sparbücher finanziell fürs Alter absichern wollen, nachdem sie sich seit der Kindheit stets um ihn gekümmert habe und ihm auch bei der beruflichen Ausbildung den Vortritt gelassen habe.

In diesem Zusammenhang ist zu Gunsten der Beklagten zu werten, dass jegliche Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Beklagte den Besitz an den Sparbüchern anders als willentlich durch den Erblasser erlangt haben könnte. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist das Gericht zudem zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte die Sparbücher von dem Erblasser mit einem entsprechenden Abtretungswillen übergeben bekommen hat.

Sofern für die Sparkonten bei der Sparkasse Westerwald Sieg keine entsprechenden Abtretungserklärungen zugunsten der Beklagten hinterlegt worden sind, steht dies einer wirksamen Schenkung nicht entgegen. Eine solche ist für eine Schenkung nicht zwingend notwendig.

Auch steht der Umstand, dass der Erblasser das Guthaben nicht zu seinen Lebzeiten auf die Beklagte hat umschreiben lassen, einem entsprechenden Zuwendungswillen nicht entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass er über das Guthaben auf den Sparkonten noch in irgendeiner Form verfügen wollte oder sich entsprechende Verfügungsmöglichkeiten vorbehalten wollte, sind nicht ersichtlich.

Die fehlende Anzeige einer entsprechenden Schenkung ggü. dem Finanzamt kann vielerlei Gründe haben, lässt jedoch keine belastbaren Rückschlüsse darauf zu, dass die Beklagte eine Schenkung nur erfunden hat. Insoweit kann die unterbliebene Anzeige darauf zurückzuführen sein, dass der Beklagten eine entsprechende Anzeigepflicht nicht bekannt war. Die steuerrechtlichen Folgen mag sie zu tragen haben; diese stehen jedoch der Schenkung als solcher nicht entgegen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.06.2024 16:06
Quelle: LG Koblenz online

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